Freigang

Öffnen. Das Leben „beginnt“ wieder. Endlich ist Sommer. Alle fliegen in den Urlaub. Wie schön das Leben ist. War da was?

So passend, wie plötzlich die Zahlen sinken. Vor zwei Wochen waren wir noch bei fast 200, jetzt sind es nur noch 30. So passend, denn waren da nicht gerade noch sinkende Umfragewerte der Regierung, waren da nicht Betrugsskandale, die aber sowieso schon vom lustvollen Aufschrei über den Betrug der Testcenter übertönt wurden?

Gebt den Leuten ihren Urlaub und ihre Biergärten, lasst sie wieder in großen Mengen einzeln auf Partys gehen, dann hören sie auf, in großen Mengen zusammen auf Plätzen zu stehen.

Nach über einem Jahr Arbeit im „Homeoffice“ habe ich mich an das Gefühl gewöhnt, nur in meinem Zimmer sein zu können. Draußen unter Menschen, da lauert der Tod. Oder zumindest Quarantäne, was in einer kleinen Vierer-WG wirklich zu verhindern ist. Ich gehöre zu den Menschen (ich bin mir sehr sicher, nicht alleine zu sein), die von den plötzlichen Öffnungen eher überfordert sind. Ich bin noch keiner dieser „Premium“-Menschen mit zwei Impfungen, ich bin auch keine Genesene. Nein, ich hatte sehr viel Glück bisher, und doch nütze ich der Gesellschaft so wenig, dass ich wohl erst am „Schluss“ in den Arm gepikst werde.

In diesen zwicke ich mich jetzt schon manchmal, einfach um zu prüfen, ob das wirklich ist, was ich sehe: Menschenmengen in den Parks, Tische und Stühle vor Restaurants und Cafés, auf ihnen Menschen, genüsslich ihren Cappuccino schlürfend. Freilich würd‘ ich da auch gern dazugehören, und wer sich nach langer Zeit mal wieder mit mehr als zwei Haushalten trifft, der weiß, wie glücklich das macht. Wahnsinn, wie schnell man sich mal eben die normalsten sozialen Dinge abgewöhnt. Monatelang habe ich vom Ende des Lockdowns geträumt, und jetzt ist er da und jetzt geht mir das zu schnell.

Der Lockdown hat meine Unbeschwertheit zerstört. Eingegraben. Irgendwo ist sie bestimmt noch. Ich geh’ sie mal langsam suchen.

Veröffentlicht von

lenkasause

Die Worte flossen aus meinen Fingern, ich verstehe sie erst jetzt...

Ein Gedanke zu “Freigang”

Hinterlasse einen Kommentar