Das ist doch was

Wenn es mir so schlecht geht wie gerade, frage ich mich, ob das ewig so weitergehen kann.

Im Bett oder auf der Couch liegen, erschöpft wie nach drei Tagen wach, alles schmerzt, stehen und sitzen geht nicht, ohne dass mir schwindlig wird, mein Körper weh tut, mein Kopf und mein Herz schmerzen. Keine Kraft für soziale Interaktion, keine Kraft für einen Spaziergang. Nicht mal den Kopf zum Schreiben.

Das ist Vorsichhinvegetieren, darauf kann ich verzichten, das macht keinen Spaß. Nicht, dass ich mir selbst etwas antun könnte. Ich meide alles, bei dem ich mir irgendwie Schmerzen zufügen könnte. Das nicht. Aber ich wäre auch nicht böse, wenn es dann einfach aufhört. Ein Leben mit chronischen Schmerzen und ständiger Erschöpfung ist kein Leben. Leben bedeutet doch mit Menschen zu sein, zu lachen, alle Sinne auszukosten, zu lieben. Die Sonne im Gesicht, Küsse auf der Haut, gutes Essen im Mund, Frühlingsduft in der Nase.

Jetzt zu gehen wäre aber auch schade. Ich will das Leben meiner Brüder mitbekommen, das Leben meiner besten Freundinnen und ihrer Kinder, das Leben meiner Eltern.

Manchmal bin ich traurig, weil alle ihr Leben leben, es geht weiter, Neues, Aufregendes, Schönes erleben sie, und ich liege hier, froh, gerade keine Schmerzen oder Termine zu haben. Alle heiraten, kriegen Kinder, gehen auf Reisen, arbeiten in interessanten Jobs, wie das eben in meinem Alter so sein soll. Und ich: Ich liege hier, froh, wenn ich mal eine Stunde lang etwas schreiben kann, das Highlight meines Tages.

Vielleicht ist das einfach nicht das Leben, in dem ich ein „normales“ Leben führen soll. Vielleicht war das schon in einem der letzten, vielleicht kommt das noch im nächsten. Manchmal braucht es ja auch ein Zwischenleben, so eines zum Luftholen und Nachdenken. Kurz Pause gemacht und weiter geht’s. Kann ja nicht jedes Leben voller Action und Abenteuer sein, kann nicht jedes Leben gleich ablaufen. Die letzten Leben waren sowieso Erlebnis pur, so intensiv, dass ich bis heute davon zehre. Aber leben will ich nun doch, nur liegt das nicht immer in unserer Hand. Jetzt ist Pause angesagt, und das Beste, was ich jetzt tun kann, ist, sie zu akzeptieren. Mich zu freuen für alle, die in diesem Leben intensiv leben dürfen, die alles erleben dürfen, was das Leben ausmacht.

Das ist natürlich auch nur so eine normierte Vorstellung, was alles zu einem guten, „normalen“ Leben dazugehört. Vielleicht bedeutet „Leben“ auch nur Geborenwerden, Herzschlag, Sterben. Die Spanne dazwischen, wieviele Herzschläge, mit wem, wo und wie, ist letztlich unbedeutend. Leben ist Leben, wir versuchen es bestmöglich zu nutzen, oder auch nicht, alle uns möglichen Erfahrungen zu machen, oder auch nicht, und im besten Falle etwas zu hinterlassen, oder auch nicht. Und dann sterben wir, und wird das in 100 Jahren noch jemanden interessieren? Bei den meisten von uns nicht.

Also, es ist, wie es ist, ich liege hier, und bin froh um mein Bett, um das Dach über dem Kopf, um das Essen in der Küche. Ich bin froh, meine Familie in der Nähe zu haben und bisweilen ein paar Zeilen zu schreiben.

Das ist doch was.

[Regensburg, 18.02.24]

Veröffentlicht von

lenkasause

Die Worte flossen aus meinen Fingern, ich verstehe sie erst jetzt...

6 Gedanken zu „Das ist doch was“

  1. Happy Ending vielleicht nicht gerade, aber ein Streif Zuversicht. Wenn Du zu einer guten inneren Haltung findest, ist schon was erreicht!
    Wenn ich Dir irgendwas Gutes tun kann, sag. Ich schließe mich den Wünschen an.

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